Rygiert, Beate – Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher

Informationen zum Buch:
erschienen im November 2021
Ullstein Verlag
484 Seiten
ISBN 978-3-548-06421-5

Klappentext / Zusammenfassung:
Drei schillernde Frauen und ihr Griff nach den Sternen
Berlin in den goldenen 20ern: Auf einem Bankett lernt die glamouröse Rosalie Gräfenberg den Generaldirektor des Ullsteinverlags Franz Ullstein kennen. Die junge Frau ist geschieden, erfolgreiche Journalistin und die beste Freundin von Verlagsredakteurin und Autorin Vicki Baum. Um Franz Ullstein ist es sofort geschehen. Er verliebt sich in Rosalie und macht ihr kurz drauf einen Antrag. Doch seinen vier Brüdern ist sie ein Dorn im Auge, zu unangepasst ist ihnen die junge Frau. Durch eine Intrige versuchen sie, Rosalie von Franz zu trennen. Aber Vicki Baum und ihr aufgewecktes Tippfräulein Lilli lassen nicht zu, dass nur die Männer die Regeln diktieren und Rosalies Ruf ruinieren. Ab jetzt entscheiden die Frauen selbst, was Erfolg ist und wie jede von ihnen ihr Glück finden wird.

Meine Meinung:
Liebe Leserin, lieber Leser,

das Leben in den 1920er Jahren war alles andere als einfach. Dies galt sowohl für die Arbeiterschicht, aber auch für die Unternehmer. Und doch waren die Unterschiede in den Lebensstilen (auch vorm „Schwarzen Freitag“ 1929) drastisch.

Die 1920 waren eine Zeit des Umbruchs: Der erste Weltkrieg war vorbei, die Wirtschaft erholte sich langsam wieder. Die Emanzipation der Frauen nahm an Fahrt auf. Und die Protagonistinnen dieses Buches zeigen all das wunderbar auf: Vicki Baum, die mit ihrem Mann eine eher offene Ehe führt und unheimlich selbstständig und selbstbewußt ist. Rosalie Gräfenberg, freischaffende Jounalistin und geschieden, ebenso selbstbewußt wie ihre Freundin Vicki. Und Lilli, das Tippfräulein und große Bewunderin von Vicki, die aus einfachen Verhältnissen kommt und sich dank der Unterstützung ihrer Familie, ihres Verlobten und natürlich Vicki Baum und Rosalie Gräfenberg einen Traum erfüllt.

Im Zentrum der Geschichte steht Rosalie: Sie kommt nach mehreren Jahren in Paris wieder nach Berlin zurück. Beruflich hatte sie schon länger mit dem Ullstein-Haus Kontakt, allerdings „nur“ mit der Zeitungsredaktion. Durch ihren Liebhaber lernt sie den Generaldirektor des Verlages, Franz Ullstein, kennen und lieben und sie heiraten. Es kommt, wie es kommen muss: Seine Brüder, die ebenfalls im Aufsichtsrat des Ullstein-Verlags sitzen, machen ihnen das Leben schwer und bezichtigen Rosalie, Franz nur des Geldes wegen geheiratet zu haben. Rosalie kämpft, unterstützt von ihrer Freundin Vicki Baum, dem Tippfräulein Lilli und deren Verlobten Paul, gegen die Intrigen an und gemeinsam mischen die vier unbeabsichtigt den ganzen Verlag auf.

Das Buch ist frisch geschrieben und leicht zu lesen. Es hat Spaß gemacht, die Frauen zu begleiten und ein wenig in Rosalies Gedankenwelt einzutauchen. Besondere Würze bekommt die Geschichte meiner Meinung nach, weil alle Charaktere (außer Lilli und ihrem Umfeld) tatsächlich lebten und miteinander agierten: Franz Ullstein und seine Brüder leiteten den Verlag, Rosalie und Franz waren miteinander verheiratet und Vicki Baum hat lange für den Verlag gearbeitet. Auch die Intrigen gab es. All diese Fakten werden auf interessante, fesselnde Weise erzählt. Es macht einfach Spaß.

Meine Empfehlung: Nimm Dir einen Tag frei, stelle Getränke und Knabberkram in Griffweite und tauche ab in die Roaring Twenties in Berlin.

Viel Spaß dabei,


Lux, Lana – Kukolka

Informationen zum Buch:
2019 erschienen
Aufbau Verlag
375 Seiten
ISBN 978-3-7466-3539-2

Klappentext / Zusammenfassung:
Ukraine, 90er Jahre. Große Party der Freiheit. Manche tanzen und fressen oben auf dem Trümmerhaufen der Sowjetunion, andere versuchen noch, ihn zu erklimmen. Auch die siebenjährige Samira, die mit ein paar anderen Kids in einem Haus lebt, wo es keinen Strom, kein warmes Wasser und kein Klo gibt. Aber es geht ihr bestens. Außerdem hat sie einen Job, und den macht sie gut: beteln. Niemand kann diesem schönen Kind widerstehen, auch Rocky nicht. Er nennt sie Kukolka, Püppchen. Alles scheint perfekt zu sein. Doch Samira hält an ihrem Traum von Deutschlad fest. Und ihr Traum wird in Erfüllung gehen, komme, was wolle …

Meine Meinung:
Liebe Leserin, lieber Leser,

ich kann mich nicht erinnern, jemals ein Buch gelesen zu haben, das so weit vom Klappentext entfernt ist wie dieses. Als ich eben jenen gelesen habe, dachte ich: „Naja. Aufbruch in ein neues Leben. Leichte Kost, aber sicher recht amüsant.“ Doch was soll ich sagen? Falsch gedacht:

Samira ist eine Waise und lebt in einem Waisenhaus in Dnepropetrovsk, wo sehr strenge Regeln herrschen. Den Kindern wird alles vorgeschrieben, bis hin zu der „korrekten“ Einschlafposition – und wehe, man bewegt sich nachts. Die Bestrafungen sind schon bei kleinen „Vergehen“ extrem streng. Die Kinder werden dort aufbewahrt, bis sie entweder adoptiert werden oder zu alt für’s Waisenhaus sind. Da Samira nichts anderes kennt, hat sie sich damit abgefunden – bis ihre Freundin adoptiert wird und nach Deutschland zieht. Ab nun hat Samira ein großes Ziel: zu ihrer Freundin gelangen und in Deutschland leben.

Im Alter von 7 Jahren läuft Samira aus dem Waisenhaus weg und beginnt ihre Reise nach Deutschland. Doch schon am Hauptbahnhof endet diese: Mittellos und naiv wie sie ist, wird sie von Rocky aufgelesen. Nun lebt sie mehrere Jahre bei ihm und seinen anderen „Schützlingen“: Kinder wie sie, die von Rocky auf die Straßen geschickt werden: betteln, Taschendiebstahl, Musik machen … und der „Verdienst“ muss abends abgegeben werden. Die Kinder sind nach wie vor bitterarm, leben in einem alten Haus ohne Strom, Heizung, warmen Wasser – doch Samira fühlt sich frei, was sie im Vergleich zum Waisenhaus wohl auch ist. Doch je älter Samira wird, desto mehr will Rocky von ihr …

Ich möchte nicht zuviel verraten, nur soviel: Bis Samira ihr Ziel „Freundin in Deutschland wiedertreffen“ erreicht, vergehen Jahre und Samira muss unglaublich viel durchmachen. Sie fällt auf einen Menschenfänger rein und endet in einem Berliner Puff, wo sie bis zu 30 Männer am Tag „bedienen“ muss. Sie wird wie ein Stück Fleisch verkauft. Ihren Lebenslauf zu lesen und dabei zu wissen, dass es tagtäglich tausenden Mädchen und Frauen wie ihr ergeht, ist nahezu unerträglich. Und das Wissen um solche Schicksale macht das Ende des Buches unglaubwürdig: Durch viel Glück kommt Samira aus dem Sumpf, in dem sie zu ertrinken droht, raus, wird gerettet und sieht auch tatsächlich ihre Kindheitsfreundin wieder.

Lana Lux, die Autorin, hat in diesem Buch viele Themen angesprochen und aufgezeigt, wohin es führen kann: Ein Mädchen aus Rockys Haus war als Kind mehrfach sexuell missbraucht worden und ist daran zerbrochen. Ein für sie glücklicher, für Samira furchtbarer Zufall erfüllt ihr ihren sehnlichsten Wunsch: zu sterben. Ein Junge wurde misshandelt und seine Augen mit Säure verätzt. Ein anderes Mädchen stirbt nach einem erzwungenen „Besuch“ einer Engelmacherin. Kinder, die anfangen, Klebstoff zu schnüffeln und Drogen zu nehmen. Und natürlich Samiras Lebenslauf, von der Kälte und extremen Strenge im Waisenhaus über die Armut und den Druck bei Rocky bis hin zu ihrer „großen Liebe“, die sich als Menschenfänger herausstellt und sie zur Prostitution bringt – Lana Lux spricht es offen und schonungslos an. Und vielleicht deshalb scheint mir das Ende nicht so recht zu passen, denn nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz der zwangsprostituierten Frauen und Mädchen können ihrem Elend entkommen. Auf mich wirkt es wie ein modernes Märchen: Alles wird erträglicher, wenn es ein gutes Ende hat. Leider ist das Leben kein Märchen.

Trotz allem spreche ich für „Kukolka“ eine klare Leseempfehlung aus: Das Buch ist hart und schonungslos, aber genau deshalb lesenswert. Mich hat es in meiner Wohlstandsblase aufgerüttelt und mir bewußt gemacht, wie gut es mir geht. Es hat mich dankbar gemacht, und ein wenig demütig.

Lieben Gruß,
Deine

Krup, Agnes – Leo und Dora

Informationen zum Buch:
erschienen am 14.03.2022
Verlag Aufbau Taschenbuch
285 Seiten
ISBN 978-3-351-03899-1

Klappentext / Zusammenfassung:
Ein Gästehaus an der amerikanischen Ostküste, alte Gespenser, eine unverhoffte Liebe: die Geschichte eines Sommers, der alles verändert.

Dann eben Amerika. Auch nach zehn Jahren als Exilant hat Leopold Perlstein, einst berühmter Schriftsteller in Wien, in der neuen Heimat Palästina noch nicht Fuß gefasst: Sein Auskommen als Versicherungsangestellter ist bescheiden, seine Schreibhemmung dagegen riesengroß. Ein langer Sommer ni Sharon, Connecticut im Landhaus seiner Agentin Alma soll die Wende bringen.

Doch als Leo aus dem Zug steigt, steht dort nur ein Junge, der ihm erklärt, dass das Haus in der vergangen Nacht abgebrannt ist. Mr. Perlstein wird vorläufig mit dem Roxy, dem Gästehaus gegenüber, vorliebnehmen müssen. Das Haus ist eine Katastrophe. Und Dora, die Wirtin, erst!

Doch dieser Ort – und Dora – werden Leos Leben für immer verändern.

Meine Meinung:
Auch über dieses Buch bin ich bei vorablesen.de gestolpert. Nach dem Lesen der Leseprobe notierte ich folgenden Eindruck:

Leopold Perlstein war von einem befreundeten Ehepaar nach Amerika eingeladen worden, um ein neues Buch schreiben zu können – was ihm bereits 20 Jahre nicht gelungen war. Doch von Anfang an geht alles schief: Das Schiff, mit dem er von Europa nach Amerika fuhr, hatte Verspätung, wodurch er das befreundete Ehepaar verpaßte, das auf dem Weg nach Argentinien war. Als er den Ort des Landhauses, in dem er Urlaub machen sollte, erreicht, erreicht ihn auch die Nachricht, dass das Haus am Tag zuvor abgebrannt ist. Und nun? Nun findet er sich in einem ländlichen Hotel wieder, umgeben von lauter fremden Menschen in einer fremden Umgebung mit fremden Geflogenheiten. Und mit Dora, der Wirtin des Hotels. Und wie geht es nun weiter?

Inzwischen liegt das Buch auf meinem Schreibtisch und ich werde schon bald erfahren, wie es weitergeht.

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Nachdem ich es gelesen habe:
„Der Mensch denkt, Gott lenkt“, heißt es doch so schön. Und genau das passiert hier: Die Menschen planten, dass Leopold Perlstein in dem Landhaus seiner Agentin in der amerikanischen Einöde die Ruhe findet, um ein lange geplantes Buch zu schreiben. Doch alles ging schief: Das Haus war in der Nacht vor seiner Ankunft bis auf die Grundmauern niedergebrannt und anstatt in einem geräumigen Haus mit Bibliothek und Chauffeur zu arbeiten verschlägt es ihn in das dörfliche Gasthaus „Roxy“ zu der patenten Wirtin Dora. Die Unterkunft ist einfach, aber behaglich. Die anderen Gäste sind zur Sommerfrische da. Das Essen ist gewöhnungsbedürftig. Leopold ist verbittert: Er hat eine hartnäckige Schreibblockade, hält sich mit einem Versicherungsjob über Wasser, ist geschieden und seiner Tochter entfremdet. Alles in allem fühlt er sich als Verlierer und hat sich im Laufe der Jahre eingeigelt. Doch Dora und Anton, ihr Stiefsohn, schaffen es durch ihre herzliche Art, dass Leo sich nach und nach öffnet und wieder zu leben beginnt. Natürlich gibt es das eine oder andere Geheimnis aufzudecken, insbesondere in Doras Leben. Und natürlich scheint es einmal sehr dramatisch zu werden, als ein nahegelegener Staudamm bricht. Und dann ist da noch der Geist vom „Roxy“.

Mein Fazit:
Das Buch ist eine Liebesgeschichte, die ohne übertriebenen Pathos auskommt und wo man keine Schüssel unter das Buch halten muss, um das raustropfende Schmalz aufzufangen. Es ist eine nette Geschichte, die mich des öfteren schmunzeln ließ. Sie eignet sich wunderbar, um einfach mal in eine heile Welt zu fliehen, begleitet mit einer Prise Humor, einer Tasse Kaffee oder Tee und eingekuschelt in eine Wolldecke. Ein Buch für einen Regentag.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.


Benedict, Marie – Mrs. Agatha Christie

Informationen zum Buch:
erschienen am 10.03.2022
Verlag Kiepenheuer & Witsch
314 Seiten
ISBN 978-3-462-00295-9

Klappentext / Zusammenfassung:
Im Dezember 1926 wird Agatha Christie vermisst. Ermittler finden ihr leeres Auto am Rande eines tiefen, düsteren Teich, in dem Wagen ihr Pelzmantel – ungewöhnlich für eine eisige Nacht. Ihr Ehemann weiß nicht, wo sie sich aufhält, und England löst eine beispiellose Fahndung nach der weltberühmten Kriminalautorin aus. Elf Tage später taucht sie wieder auf, genauso mysteriös, wie sie verschwunden war. Bis heute weiß niemand, was damals geschah.

Meine Meinung:
Ich bin bei vorablesen.de über dieses Buch „gestolpert“, habe mir die Leseprobe runtergeladen und im Anschluss an die Lektüre folgenden ersten Eindruck verfasst:

Es ist allgemein bekannt, dass Agatha Christie mehrere Tage spurlos verschwunden war. Auch haben sich bereits andere Schriftsteller mit diesem Thema befasst, u.a. ein Drehbuchschreiber der Serie „Doctor Who“. Marie Benedict hat ebenfalls ihre Fantasie spielen lassen und eine Geschichte rund um die bekannten Fakten geschrieben und dabei mit den Zeiten gespielt: Im Wechsel wird aus Sicht von Agatha von dem Werben ihres späteren Mannes um sie als junge Frau erzählt und aus Sicht ihres Mannes die späteren Entwicklungen dargelegt. Mrs. Benedict bedient sich dabei der durchgehend der Sprache der damaligen Zeit, was die Leseprobe rundum zu einem Lesevergnügen macht. Klare Leseempfehlung meinerseits.

Nun hatte ich das Glück, dieses Buch zu gewinnen.

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Nachdem ich es gelesen habe:

1926 war die spätere Grande Dame des Kriminalromans elf Tage lang spurlos verschwunden. Was ist damals geschehen? Wo war sie? Die einzige Person, die diese Fragen hätte beantworten können, war Agatha Christie selbst – doch sie schwieg bis zu ihrem Tod 1976.

Nun versucht sich Marie Benedict an einem Lösungsansatz – und das in, wie ich finde, brillianter Art und Weise. Im Stile Agatha Christies schreibt sie über Agatha Christies Verschwinden einen Krimi mit Agatha Christie in der Hauptrolle. Beim Lesen treffen wir auf zwei Erzählstränge:

Zum einen begleiten wir Agatha Miller, wie sie ihren späteren ersten Mann kennenlernt, wie sie heiraten und wie ihre Ehe verläuft. Wir erfahren, welchen Einfluss ihre geliebte Mutter auf ihre Ehe hat und wie sich Agatha im Laufe der Jahre verändert. Diese Kapitel sind in Ich-Form geschrieben.

Zum anderen begleiten wir ihren Mann Archie durch diese zermürbenden elf Tage, in denen er unter Mordverdacht stand und einiges auszuhalten hatte: einen leitenden Polizisten, der ihm nicht glaubte, eine Journalistenmeute, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, seine Sorgen um ihre Tochter Rosalind.

Beide Erzählstränge, die sich kapitelweise abwechseln, treffen schließlich und endlich im Hotel in Harrogate aufeinander, wo Agatha Christie aufgefunden wurde. Hier erfährt der Leser auch endlich die Auflösung dieses wirklich verzwickten Kriminalfalles. Doch mehr verrate ich nicht.

Doch, eines noch: Dieses Buch ist das erste seit vielen Jahren, dass ich an einem Tag durchgelesen habe. Ich mochte es abends nicht aus der Hand legen, bis ich die letzte Seite gelesen hatte. Marie Benedict hat wirklich so fesselnd geschrieben wie Agatha Christie es getan hat.

Ich kann dieses Buch jedem, der Krimis, Agatha Christie oder Schicksalsromane mag, wirklich wärmstens ans Herz legen.

Eure

Seeberger, Astrid – Nächstes Jahr in Berlin

Informationen zum Buch:
erschienen am 10.02.2021
Verlag Urachhaus
250 Seiten
ISBN 978-3-8251-5261-1

Klappentext / Zusammenfassung:
Dies ist eine Geschichte, die erzählt werden muss: die Geschichte, die eine Tochter ihrer verstorbenen Mutter schuldet. Sie erzählt das Schicksal einer deutschen Familie aus Ostpreußen, geprägt von Verlust, Hoffnung und der Suche nach einem neuen Leben in den politischen Wirren des 20. Jahrhunderts.

Aus Astrid Seebergers Feder fließt diese Geschichte bildgewaltig, klug und poetisch dicht. Sie beschwört Orte der Sehnsuch, Zufluchtsorte mit ihrer einmaligen Zauberkraft herauf und skizziert ihre Charaktere mit genauem Blick.

Nächstes Jahr in Berlin ist der erste Teil ihrer groß angelegten, autobiografisch inspirierten Familiengeschite, die mit Goodbye, Bukarest bereits viele Leser begeistern konnte.

Meine Meinung:
Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Buch ist keines, das ich mal eben so nebenbei lesen kann. Es ist ein Buch, das mich gefangen genommen hat. Die Protagonistin erzählt rückblickend von ihrer eigenen Kindheit, die von der Geschichte ihrer Mutter stark beeinflusst war. Ihre Mutter wuchs in Ostpreußen auf, verlor auf der Flucht in den Westen während des 2. Weltkriegs ihre Familie aus den Augen und schlug sich alleine durch – ohne Papiere, ohne Ausbildung, durch den Krieg und die Flucht traumatisiert.

Das Buch beginnt mit dem Tod der Mutter. Dieses einschneidende Erlebnis im Leben jedes Kindes, egal wie alt es ist, veranlasst die Protagonistin, sich mit ihrem eigenen Leben auseinanderzusetzen, ihre Entscheidungen zu hinterfragen und vor dem, was die Mutter im Laufe ihres Lebens erzählt, angedeutet oder auch verschwiegen hat, neu einzuordnen. Im Grunde lernt sie ihre Mutter jetzt erst kennen und verstehen.

Das ganze Buch ist in einer sehr ruhigen, unaufgeregten Sprache verfasst. Es transportiert die Gefühlssituation der Protagonistin sehr gut: Mutter verstorben, Trauer, lang verschüttete Erinnerungen kommen wieder ins Bewußtsein. Es kommt ohne Action und Spannung aus. Tatsächlich wäre das eher störend. Es ist ein melancholisches Buch, mit verhältnismäßig wenig direkter Rede. Ich würde es eher mit einem Tagebuch vergleichen denn mit einem Roman oder Tatsachenbericht.

Meine Empfehlung
Wer sich für den zweiten Weltkrieg interessiert und ein persönliches Schicksal lesen möchte, was diese Zeit aus einem Menschen machen kann und wie sie auch nachfolgende Generationen indirekt beeinflusst, der sollte dieses Buch lesen – möglichst ohne Unterbrechung.

Lieben Gruß,

Oswald, Susanne – Der kleine Strickladen in den Highlands

Informationen zum Buch:
erschienen am 2019
Verlag MIRA Taschenbuch
332 Seiten
ISBN 978-3-7457-0044-2

Klappentext / Zusammenfassung:
Eisige Winde fegen über den Loch Lomond und die Hügel der Highlands glühen in den Farben des Herbstes. Erst seit Kurzem weiß Maighread, dass in dieser zauberhaften Landschaft ihre Wurzeln liegen, den hier lebt ihre Großutter“Eisige Winde fegen über den Loch Lomond, und die Hügel der Highlands glühen in den Farben des Herbstes. Erst seit Kurzem weiß Maighread, dass in diesser zauberhaften Landschaft ihre Wurzeln liegen, denn hier lebt ihre Großmutter. Vielleicht ist ein Ausflug in die Vergangenheit ihrer Familie genau die Ablenkung, die sie nach der Trennung von ihrem Freund braucht. Allerdings ist Maighreads Großmutter vorerst alles andere als begeistert von dem Auftauchen ihrer Enkelin. Aber Maighread hat genug zu tun, schließlich hat der gemütliche Wolladen in dem kleinen Ort am Loch Lomond ihren heimlichen Traum von solch einem Strickparadies geweckt. Vielleicht ist es genau diese Leidenschaft für das Handarbeiten, die Maighread und ihre Großmutter näher zusammenbringt.

Meine Meinung:
Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern Abend habe ich dieses Buch zu Ende gelesen und war froh, endlich mal wieder ein Buch in Händen gehabt zu haben, dass sich leicht lesen ließ, sich nicht aus der Hand legen lassen wollte und bei dem ich mit den Protagonisten mitfühlen konnte. Ich habe teilweise geschmunzelt, Herzklopfen und Tränen in den Augen gehabt. Und das alles gepaart mit meiner Liebe zu schönen Garnen, die auch in dem Buch keine unwichtige Rolle spielen. Ein Buch nach meinem Geschmack, ein Buch für die Seele. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung, die im Herbst erscheinen soll.

Da die Beschreibung meinerseits auch im Forum von Bookcrossing Interesse weckte, habe ich beschlossen, das Buch auf Reisen zu schicken. Es wird nun unter interessierten Bookcrossern die Runde machen. Ich bin gespannt, was andere Leseratten davon halten.

Lieben Gruß,